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Lange Zeit bestand in der Fangemeinde Uneinigkeit darüber, welche Kampfkünste bzw. welches Nahkampfsystem den rasanten und perfekt choreographierten Kampfszenen der Jason Bourne-Filme zugrunde liegen. Dies ist nicht verwunderlich, sind es doch die packenden Mann gegen Mann Kämpfe, mit denen der Schauspieler Matt Damon (Anm.: Hauptdarsteller in den ersten drei Filmen der insgesamt bislang vierteiligen Reihe, in Teil vier spielt Jeremy Renner als Agent Aaron Cross die Hauptrolle) den Kino- und Fernsehzuschauern im Gedächtnis geblieben ist. Will man das Geheimnis der hinter den Fightszenen stehenden Kampfkünste lüften, so fragt man am besten den Mann, der in zwei Filmen der Reihe („Die Bourne Verschwörung“, „Das Bourne Ultimatum“) sowohl für die Choreographie der Kämpfe als auch für das Training der an den Szenen beteiligten Schauspieler verantwortlich war: Jeff Imada, Stuntman und Kampfkünstler, Schüler von Dan Inosanto, der seinerseits ein Schüler und Freund der Martial Arts Legende Bruce Lee war. Von ihm erfährt man, dass der überwiegende Teil der Kampfszenen auf der philippinischen Kampfkunst Kali basiert, ergänzt durch Elemente des von Bruce Lee entwickelten Jeet Kune Do.

Beim Kali handelt es sich um eine waffenbasierte Kampfkunst, deren Ursprung auf den philippinischen Inseln zu finden ist. Jede der zahlreichen Inseln hat hierbei im Laufe der Jahrhunderte ihren eigenen, oft mit den jeweils dort beheimateten Familien eng verbundenen und durch regionaltypische Besonderheiten ergänzten Kali-Stil entwickelt. Bereits anhand dieser individuellen Ausprägungen zeigt sich der große Vorteil des Kali, da keine starre Abfolge von Techniken vermittelt wird, sondern ein allgemein gültiges und auf verschiedenste Situationen anwendbares Konzept.

Bei der in den Bourne-Filmen verwendeten Stilrichtung des Kali handelt es sich um den „Lacoste Inosanto Style“, der von Sifu Lacoste und Dan Inosanto entwickelt wurde, beide Schüler unter Bruce Lee. Dieser Stil vereinigt Elemente aus 26 anderen Stilrichtungen des Kali in sich und liefert damit einmal mehr den Beweis wie vielseitig – auch in Verbindung mit weiteren Kampfkünsten - dieses Kampfsystems einsetzbar ist.

Von seinem Ursprung her ist das Kali eine waffenbasierte Kampfkunst, wobei nahezu jeder greifbare Gegenstand wie etwa Schlüssel, Stock, Regenschirm, Flasche, Zeitung oder Kuli zu einer solchen Waffe umfunktioniert werden kann. Sicher erinnern sich die Fans noch daran, wie Jason Bourne im ersten Teil der Serie einen Kuli zur Hand nimmt, um sich gegen einen messerschwingenden feindlichen Agenten zur Wehr zu setzen. Oder an den brutalen Kampf in „Bourne Ultimatum“, als er zunächst ein Buch und dann ein Handtuch benutzt, um den auf ihn angesetzten Auftragskiller „Desh“ zu töten. Und fragt man bei Jeff Imada nach, so erfährt man, dass diese Szenen trotz der Hollywood üblichen Inszenierung durchaus realistisch sind, da die Grundprinzipien des Kali tatsächlich mit den im Film gezeigten Bewegungsabläufen übereinstimmen.

Neben Kämpfen mit Waffen sind in den Bourne-Filmen auch eine ganze Reihe von Actionszenen enthalten, in denen unser Held mit bloßen Händen gegen seine Verfolger antritt. Diese waffenlosen Techniken sind im Kali unter dem Begriff „Panantukan“ bekannt, oftmals auch als Filipino Boxing bezeichnet. Das Panantukan enthält viele aus dem westlichen Boxen bekannte Grundschläge, verwendet darüber hinaus aber verstärkt sogenannte „Dirty Tools“, also Techniken und Schläge, die im Sportbereich als unfair gelten würden. Gerade diese „schmutzigen“ Anwendungen - wie beispielsweise auf die Zerstörung von Knochen und Gelenken gerichtete Ellenbogenschläge – sind es aber, welche diese Kampfanwendungen so gefährlich und effektiv machen. Als besonders vorteilhaft erweist es sich hierbei, dass die beim Kampf mit Waffen erlernten Bewegungsmuster des Kali 1:1 auf die Techniken und Konzepte des waffenlosen Kampfes übertragen werden können. Durch dieses integrierte Training lassen sich die Anwendungen schneller erlernen und erlauben im Gegensatz zu starr auswendig gelernten Techniken eine deutlich bessere Anpassung an die Erfordernisse einer reellen Auseinandersetzung oder – wie im Fall des Agenten Jason Bourne – an die Hochstresssituation eines Kampfes auf Leben und Tod. Dies erscheint logisch, da Kali auf den Philippinen ursprünglich als Kriegskunst entwickelt wurde, bei der ein Hauptaugenmerk auf der Entwicklung größtenteils tödlicher Techniken lag. Durch eine Vielzahl sogenannter Flow-Drills werden im Kali neben der Hand-Auge-Koordination insbesondere auch die Reflexe und die Schnelligkeit geschult, was einem die Kämpfe von Jason Bourne deutlich vor Augen führen: Was er tut, tut er schnell, sehr schnell!

Neben dem Filipino Kali kommen in den Kampfszenen darüber hinaus Elemente des von Bruce Lee entwickelten Jeet Kune Do zum Einsatz. Genau genommen handelt es sich hierbei weniger um eine einzelne Kampfkunst als vielmehr um eine Philosophie des Kämpfens. Bruce Lee war stets der Meinung, dass ein guter Kämpfer in der Lage sein muss, aus jeder Distanz heraus zu agieren, sei es in der Trittdistanz, beim Nahkampf oder auch am Boden. Insofern bedient sich das Konzept des Jeet Kune Do vieler Anwendungen des westlichen Boxens, des Panantukan, des Wing Chun, des Kickboxens und des Grapplings. Die einzelnen Kampfkünste werden hierbei allerdings nicht isoliert betrachtet, vielmehr ist es das Ziel, dass der Trainierende nach einer Zeit sein eigenes, speziell auf ihn und seine körperlichen Eigenschaften zugeschnittenes Kampfsystem entwickelt. Genau aus diesem Grund ist die Kombination aus Filipino Kali und Jeet Kune Do für einen Kämpfer wie Jason Bourne optimal, da er keine starre und einschränkende Technikabfolge beachten muss, sondern vielmehr intuitiv auf jede Bedrohungssituation mit brachialer Härte und Schnelligkeit reagieren kann.

Zu guter Letzt kommen wir noch mal auf die eingangs gestellte Frage zurück, ob es tatsächlich möglich ist, den Kampfstil von Jason Bourne in der Realität umzusetzen? Laut Stunt-Koordinator und Kampftrainer Jeff Imada ist die Antwort eindeutig: Ja! Dass hierzu eine Menge Training gehört, versteht sich fast von selbst, die im Film gezeigten Prinzipien werden im Filipino Kali aber tatsächlich so vermittelt und sind von einem geübten Anwender insofern auch auf die Situation eines Straßenkampfes übertragbar. Und wer möchte, kann sich die DVDs der Bourne-Reihe ja mal wieder zu Gemüte führen, langweilig werden einem die Filme gerade auch wegen der unglaublich rasant und perfekt choreographierten Actionszenen sicherlich nicht so schnell.

Ganz zum Schluss ein kurzer Youtube-Clip vom Kampftraining der Schauspieler:

Kampftraining Jason Bourne