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Wie wir aus zahlreichen Publikationen der psychologischen Forschung inzwischen wissen, unterscheidet sich der Mensch vom Tier vor allem dadurch, dass er aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten rationale Entscheidungen treffen und Situationen anhand einer Vielzahl von Faktoren abschätzen und bewerten kann. Diese Eigenschaft kommt unserer Spezies sowohl bei der Interaktion im beruflichen Umfeld als auch beim Umgang mit unseren Mitmenschen im Privatleben zugute. Neben diesen vernunftgesteuerten Denkprozessen existieren aber auch weitaus ältere, aus grauer Vorzeit stammende Urinstinkte, welche bereits bei Steinzeitmenschen zu beobachten waren. Ein solch grundlegender, im Reptiliengehirn des Menschen verwurzelter Instinkt ist die "Angst". Für unsere Vorfahren war dieser Instinkt ein wichtiger Schutzmechanismus, um auf Angriffe von Säbelzahntigern oder anderen gefährlichen Tieren innerhalb von Sekundenbruchteilen mit einem Kampf- oder Fluchtreflex reagieren zu können.

Nun leben wir bekanntermaßen nicht mehr in der Steinzeit und sehen uns während des Alltags bei objektiver Betrachtung weitaus weniger gefährlichen Situationen ausgesetzt, auch Säbelzahntiger kennt man nur noch aus Berichten zu archäologischen Ausgrabungen. Mögen sich die äußeren Umstände inzwischen völlig geändert haben, so ist die mit dem Instinkt der Angst verbundene Reaktion noch weitgehend die gleiche. Selbst bei eigentlich harmlosen Dingen wie fachlichen Auseinandersetzungen mit Kollegen am Arbeitsplatz spüren wir zuweilen noch die Auswirkungen, welche die Stresssituation und die damit einhergehende Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin in uns auslösen. Wir fühlen uns unwohl, haben ein flaues Gefühl im Magen und reagieren oftmals völlig irrational und alles andere als wohlüberlegt. Fatal kann ein solches Verhalten werden, wenn wir uns einem körperlichen Angriff ausgesetzt sehen. Während der Steinzeitmensch bei Angriffen seiner natürlichen Feinde noch genau wusste, was zu tun ist, sind viele Menschen in der heutigen Zeit mit einer solchen Situation völlig überfordert.

In diesem Zusammenhang wird oftmals die Frage aufgeworfen, ob es Mittel und Wege gibt, die Angstreaktion während eines körperlichen Angriffs auf der Straße soweit unter Kontrolle zu halten, dass eine Gegenwehr noch effektiv möglich ist. Befragt man erfahrene Leute aus diversen für den Selbstschutz relevanten Bereichen (Security, Militär, Polizei, Personenschützer usw.) so ist oftmals zu vernehmen, dass es zwar kein Patentrezept gibt, wohl aber einige Konzepte und Verhaltensweisen in den Alltag und in das Selbstverteidigungstraining integriert werden können, die bei der Angstkontrolle hilfreich sind. Umschrieben werden diese Konzepte in ihrer Gesamtheit oftmals mit dem Begriff der "Geistesgegenwart" (engl.: "Presence of Mind"), was allgemein die Fähigkeit umschreibt, sich jeweils voll und ganz auf die vorherrschende Situation bzw. den Augenblick fokussieren zu können. Die einzelnen Schritte und Maßnahmen hin zu diesem Konzept der Geistesgegenwart werden in den nachfolgenden Abschnitten skizziert.

Ein erster Schritt zur Bewältigung eigener Ängste besteht darin, sich den Ängsten und Befürchtungen gezielt zu stellen. Um dies zu erreichen begibt man sich geradewegs in jene Situationen, welche einem Unbehagen bereiten und die man normalerweise zu vermeiden sucht. Nur durch diese Art Konfrontationstherapie besteht die Möglichkeit, einschränkende Gewohnheiten und Vermeidungsstrategien zu durchbrechen und neue, positive Verhaltensmuster zu entwickeln. Die Vorstellung, eine öffentliche Rede halten zu müssen, verursacht Ihnen Bauchschmerzen und Schweißausbrüche? Dann entlasten Sie Ihren Chef und bieten ihm an, bei Vortragsveranstaltungen die ein oder andere Rede zu übernehmen! Sie werden sehen, je öfter Sie öffentlich vor Publikum auftreten, desto weniger Probleme wird Ihnen ein solcher Auftritt bereiten. Die Nervosität wird sicherlich nie ganz verschwinden, jedoch werden Sie an einen Punkt kommen, an dem Sie lernen, diese zu beherrschen.

Ähnliches gilt natürlich auch für körperliche Konfrontationen. Viele Menschen haben geradezu panische Angst vor solchen Auseinandersetzungen und tun alles dafür, derartige Situationen von vornherein zu vermeiden. Tritt nun aber der schlimmstmögliche Fall ein, und diese Leute geraten tatsächlich mal in eine Straßenschlägerei, so brechen sie unter dem Druck des für sie völlig fremden und beängstigenden Ereignisses förmlich in sich zusammen und sind dem Angreifer schutzlos ausgeliefert. Um bei körperlichen Angriffen angemessen reagieren zu können, ist es es unabdingbar, sich bereits im Vorfeld durch entsprechendes Kampfsporttraining oder die Teilnahme an Selbstverteidigungs- bzw. Selbstschutzseminaren entsprechende Erfahrungen mit körperlichen Auseinandersetzungen anzueignen. Man muss hierbei nicht sofort von null auf hundert starten, vielmehr sollte die eigene Komfortzone Schritt für Schritt erweitert werden. In der Selbstverteidigung und im Kampfsport bringt man den Anfängern zunächst einmal grundlegende Fähigkeiten bei und erweitert den Trainingsumfang dann Schritt für Schritt bis hin zum Vollkontaktsparring. Hierdurch entwickeln die Trainierenden Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und verlieren auf diesem Wege auch gleichzeitig die Furcht vor körperlichen Auseinandersetzungen.

Aber nicht nur im Bereich körperlicher Gewalt ist es notwendig, sich seinen Ängsten zu stellen, auch im Privat- und Berufsleben sollte man nicht von vornherein jedem Konflikt aus dem Weg gehen. Den eigenen Standpunkt auch mal zu verteidigen und nicht um des liebe Friedens Willen zu allem ja und amen zu sagen erhöht hierbei die Selbstachtung und bringt einem gleichzeitig bei, mit verschiedenen Arten von Konflikten konstruktiv umzugehen. Jeder, der sich seinen Ängsten schon einmal gestellt und diese überwunden hat wird bestätigen können, wie gut man sich danach fühlt. Persönliches Wachstum ist somit nur möglich, wenn man Probleme offensiv angeht und nicht vor diesen davonläuft, also packen Sie "den Stier bei den Hörnern", es lohnt sich!

Ein weiterer wichtiger Baustein hin zur Entwicklung einer fokussierten geistigen Einstellung ist das Prinzip der Selbstverantwortung. Wie der ein oder andere vielleicht schon einmal erfahren musste, löst das Wissen, von anderen abhängig zu sein, starke negative Gefühle in uns aus. Bestimmte Situationen oder Probleme nicht durch eigene Handlungen beeinflussen zu können kann hierbei zu Frustrationen führen und bereits vorhandene Ängste nochmals verstärken. Um dies zu vermeiden, ist es gerade in den Bereichen Selbstschutz und Selbstverteidigung wichtig, den Trainierenden von Anfang an deutlich zu machen, dass der Einzelne stets die volle Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen muss und sich nicht allzu sehr auf Hilfe von außen verlassen sollte. Leider glauben immer noch viele unserer Mitmenschen, dass Polizei oder sonstige staatliche Institutionen im Falle eines tätlichen Angriffs sofort zur Stelle sind, um sie zu schützen. Wer aber schon einmal miterlebt hat, wie lange es mitunter dauern kann, bis ein Streifenwagen am Tatort eintrifft, der wird seine diesbezügliche Einstellung vielleicht noch einmal überdenken. Obwohl wir in einem Land mit einem relativ hohen Sicherheitsstandard leben, ist es schlichtweg nicht möglich, in jeder dunklen Gasse einen Polizisten zu postieren. Insofern muss letztendlich jeder selbst dafür Sorge tragen, sich im Ernstfall vor den Gefahren eines körperlichen Angriffs schützen zu können. Diese offensive und eigenverantwortliche Geisteshaltung sollte in jedem seriösen Selbstschutzkonzept verankert sein, um bei Bedarf ohne zu zögern und mit der gebotenen Entschlossenheit reagieren zu können.

Um angesichts einer Bedrohungssituation nicht in Panik zu geraten ist des Weiteren darauf zu achten, sich nicht bereits vor der eigentlichen körperlichen Auseinandersetzung durch negative Selbstgespräche bzw. Selbsteinschüchterung zu schwächen. Viele Leute neigen dazu, einem aggressiven Angreifer aufgrund seines Auftretens bestimmte Eigenschaften zuzuschreiben, obwohl sie ihn gar nicht kennen. Gedanken wie "Der sieht gefährlich aus, der hat bestimmt Erfahrung mit Schlägereien..." oder "Gegen so einen trainierten Typen habe ich doch gar keine Chance..." schleichen sich oftmals ins Unterbewusstsein und tragen so einerseits zu einer "künstlichen Erhöhung" des Gegners und andererseits zu einem "Kleinreden" der eigenen Person bei. Um derartige negative Denkprozesse zu vermeiden, muss man sich stets vor Augen führen, dass einem das Gehirn oftmals eine "künstliche Realität" vorgaukelt, welche mit den tatsächlichen Gegebenheiten wenig gemeinsam hat. Auch und gerade während einer gewalttätigen Konfrontation muss man deshalb stets versuchen, den Aggressor als das zu sehen, was er ist: Ein Mensch, der "auch nur mit Wasser kocht". Mit einer solchen Sichtweise gelingt es dann viel besser, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und auch in der Hitze des Gefechts geistesgegenwärtig zu handeln und die mentale Balance aufrecht zu erhalten.

Spricht man im Hinblick auf Konfliktsituationen von "Geistesgegenwart", so sind damit zum einen die geistigen Fähigkeiten gemeint, welche es einem ermöglichen, auf eine solche Situation zu reagieren. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei aber auch die Geschwindigkeit, mit welcher unter derartigen Extrembedingungen Entscheidungen getroffen und Handlungen vollzogen werden, umgangssprachlich wird hier der Begriff "Intuition" verwendet. Gerade bei sich oftmals ohne Vorankündigung ereignenden Gewalttaten muss der Angegriffene innerhalb von Sekundenbruchteilen reagieren, um überhaupt eine realistische Chance für eine erfolgreiche Gegenwehr zu haben. In einem ersten Schritt kommt es vor allem darauf an, ein grundsätzliches Verständnis für die Dynamik und das Wesen gewalttätiger Situationen zu entwickeln, man muss die Umstände solcher Übergriffe verstehen und damit umzugehen lernen. Bereits an diesem Punkt scheitern immer noch regelmäßig diejenigen unter uns, die glauben, dass Gewalt ein Randgruppenproblem ist und man selbst sicherlich niemals davon betroffen sein wird. Ein solches Verhalten ähnelt insofern dem von kleinen Kindern, welche sich die Augen zuhalten und denken, dass sie von den Erwachsenen nun nicht mehr gesehen werden.

An dieser Stelle stellt sich natürlich die Frage, wie der Einzelne seine intuitiven Fähigkeiten entwickeln und diese im Ernstfall zu seinen Gunsten nutzen kann. Neben körperlichem Training in den Bereichen Selbstschutz und Selbstverteidigung sind hierbei vor allem die tatsächlich erlebten eigenen Erfahrungen relevant. Berühmte Selbstverteidigungsexperten wie der Brite Geoff Thompson arbeiteten jahrelang als Türsteher in diversen Clubs und konnten auf diesem Wege aus erster Hand erfahren, wie gewalttätige Situationen entstehen und wie man am besten mit diesen umgeht. Gleichwohl nicht jeder von uns als Türsteher, Personenschützer oder Polizist arbeiten kann oder will, so besteht doch zumindest die Möglichkeit, in Gesprächen mit diesen Leuten von deren Erfahrungen zu profitieren und ein Verständnis für das Thema "Gewalt" zu entwickeln. Dies und die Interaktion mit Menschen im Allgemeinen fördert das Verständnis für menschliches Sozialverhalten und zwischenmenschliche "Rituale". Durch diese Form sozialer Intelligenz entwickelt man ein gutes Gespür für Situationen und kann diese schneller erfassen und intuitiver darauf reagieren. Derartige "Softskills" kommen einem dann auch bei Konfrontationen mit potentiellen Gewalttätern zugute und erhöhen in erheblichem Maße die Chancen, ein solches Aufeinandertreffen weitgehend unbeschadet zu überstehen.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass "ehrliches" und an den realen Gegebenheiten orientiertes Selbstschutztraining gepaart mit einer offensiven, fokussierten und in den Alltag integrierten mentalen Einstellung eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit bietet, um die gefürchtete Angstreaktion auch in Extremsituationen wie einem körperlichen Angriff beherrschbar zu machen. Eine Situation zu erkennen, zu verstehen und sich der Situation zu stellen ist hierbei in jedem Falle hilfreicher, als sich ein Leben lang zu verstecken und zu hoffen, dass alles Böse dieser Welt an einem vorbeigeht. Denn leider suchen sich Straßenschläger und Kriminelle gerade besonders unsichere Menschen als Opfer aus, so dass eine Vermeidungsstrategie auf lange Sicht keine geeignete Lösung darstellt.